top of page
Tim Evers

Plaudern ohne Worte

Aktualisiert: 23. Feb.

Früh morgens verabschiedeten wir uns von Ella und liefen ein Stück das Dorf hinab, um hier auf den Bus Richtung Süden zu warten. Dieser kam mit reichlich Verspätung und war so voll, dass ich lediglich einen Fuß ins innere des Buses bekam. Der Rest von mir hing draußen an der geöffneten Hintertür, während ich mich an einer Stange an der Außenseite des Buses festhielt. So begann die Fahrt durch zahlreiche Serpentinen immer und immer weiter abwärts. Teilweise war es so steil und die Kurven so eng, dass das Hinterteil des Buses über den Asphalt schliff und Funken unter meinen Füßen sprühten. Mit jeder Kurve die wir durchfuhren, nur gefühlte Zentimeter am nicht gesicherten Abgrund vorbei, wurde mein Griff fester und fester, während  meine Augen immer größer wurden. Das erste Licht am frühen Morgen zauberte einen wunderschönen Anblick auf die grün bewachsenden Berge und steilen Abhänge des Hochlandes. Stoff für 1000 Fotos, hätte man doch nur eine Hand dazu freigehabt.

Trotz beklemmender Enge bereits zu Fahrtantritt, passten immer noch Leute in den Bus  und es wurde enger und enger. Doch irgendwann wurde es auch wieder leerer bis wir schließlich alle einen Platz hatten und die Fahrt genießen konnten. Unser Ziel war Matara an der Südspitze Sri Lankas. Matara ist die Endstation der Zuglinie, die die großen Städte der Westküste mit dem Süden verbindet. Mit kleinen Zwischenstopps wollten wir uns in den letzten Tagen unserer Reise die Küste Richtung Colombo durchschlagen.

Erster Halt: Galle

Galle ist ist eine alte Kolonialstadt, die von den Briten erbaut wurde und über eine schöne Altstadt verfügt. Die Stadtmauern des alten Forts laden zudem zum Bummeln ein. In Galle angekommen, fuhren wir also in die Altstadt und aßen erst einmal ausgiebig Frühstück. In dem Kaffee konnten wir auch gleich unser Gepäck lassen um leichten Fußes die Stadt zu erkunden. Mit uns schienen auch viele Einheimische Touristen die Stadt zu besuchen. Wir schlenderten durch die unzähligen Gassen und bestiegen die alten Mauern und Ruinen des Forts und machten uns am späten Nachmittag schließlich wieder auf zum Bahnhof. Trotz eines gewissen Charmes, hatten wir schnell das Gefühl alles gesehen zu haben und entschieden uns dafür weiter zu fahren. Die Westküste Sri Lankas ist das touristische Herz des Landes. Dementsprechend gut ausgebaut ist die Infrastruktur in dieser Region. Dies machte sich für uns in Form von oft und regelmäßig verkehrenden Zügen bemerkbar, die uns so eine Art “Hop-on-hop-off-Reise” ermöglichten. Am Bahnhof angekommen stiegen wir in den nächsten Zug Richtung Norden.


Eine gute Stunde später stiegen wir auch schon wieder aus, um uns in Hikkaduwa einen Platz für die Nacht zu suchen. Hikkaduwa ist laut Reiseführer die Touristenhochburg Sri Lankas. Darauf hatten wir eigentlich nicht wirklich Lust, wollte jedoch in der Nähe Colombos die letzten Tage am Strand verbringen. Hikkaduwa bot sich dafür an und zeigte sich letzten Endes alles andere als überlaufen.

Nachdem wir einen kleinen Bungalow auf der anderen Seite der Bahnschienen -welche die Stadt in zwei Hälften teilen- gefunden haben, machten wir uns auf zum Strand um noch einmal vor dem Abendessen in die Fluten zu springen. Und Fluten trifft es gut. Mit riesen Getöse krachten riesige Wellen auf die dem Strand vorgelagerte Gesteinsformation. Zwei Surfer tummelten sich todesmutig dazwischen. Weiter vorn am Strand sah die Welt etwas weniger bedrohlich aus und bis auf eine leichte Strömung konnte man hier beruhigt baden gehen. Mit uns tummelte sich eine Gruppe junger Männer im Wasser die wahnsinnig ausgelassen mit ihrem Ball spielten. Sie hatten ihr Lager nicht unweit von uns aufgeschlagen und als wir aus dem Wasser kamen, konnten wir sie dabei beobachten wie sie plötzlich anfingen zu tanzen. Wie aus dem nichts lieferten sie eine Wahnsinns Show ab und wir konnten gar nicht aufhören zu ihnen zu starren. Schließlich kam eine Gruppe von ihnen in Begleitung eines etwas älteren Herren zu uns hinüber und fing an mit uns zu reden, wobei reden vielleicht das falsche Wort ist. Die Jungs waren allesamt taub-stumm und versuchten uns gestikulierend etwas zu zeigen. Als Adina plötzlich in Gebärdensprache antwortet, flippten alle fast aus. Und so unterhielten wir uns ausgiebig eine halbe Stunde lang in dem wir wild in der Luft rumm fuchtelten, Lippen lasen und Bilder und Buchstaben in den Sand malten.

Eine der nettesten und interessantesten Unterhaltungen während dieser Reise, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Ein wirklich unbeschreiblicher Moment.

Wie sich herausstellte gehörten die Jungs zur Nationalmannschaft Sri Lankas im Taub-Stummen-Rugby. Für ein Trainingslager waren sie nach Hikkaduwa gekommen. Der ältere Herr, der ebenfalls taub-stumm war, ist ihr Trainer. Nachdem die Mannschaft  sich von uns verabschiedete und zu ihrer Unterkunft zurückkehrt saßen wir noch eine weile am Strand und blickten aufs Meer hinaus. Die Surfer waren immer noch gefährlich nah an den Felsen, die da aus dem Meer ragten und langsam wirkte die Szenerie wirklich bedrohlich. Und in der Tat machte sich gerade ein Fischerboot in Richtung der Surfer auf um sie zu retten. Wahrscheinlich kamen die beiden aufgrund der starken Strömung aus eigener Kraft nicht mehr zurück ans Land und kamen den Felsen mit jeder Welle dichter und dichter. Und auch das kleine Boot hatte Schwierigkeiten, gegen die riesigen Wellen anzukommen und brauchte eine gefühlte Ewigkeit um sich den Surfern zu nähern. Die Sache sah wirklich gefährlich aus. Nach und nach kamen die Leute aus dem Wasser und alle starten gebannt auf die Rettungsversuche der Fischer. Schließlich konnten sie den ersten Surfer aus dem Wasser ziehen während der zweite immer weiter abtrieb. Schließlich konnten sie auch ihn bergen und als das Schiff mit samt Retter und Geretteter am Strand ankam gab es einen lauten Beifall.

Am nächsten morgen machten wir uns auf, um den Ort ein wenig zu erkunden und schlenderten schließlich eine weile am Strand entlang. Wir suchten uns ein schönes Plätzchen und machten es uns gemütlich. Al es schließlich Zeit war etwas zu essen, machten wir uns auf dem Rückweg. Als wir um eine Felsvorsprung kamen, der die Sicht auf den dahinterliegenden Strand versperrte und an dessen Spitze ein paar große Steine im Wasser vorgelagert waren, kam uns ein Einheimischer wild gestikulierend entgegen. Leider verstanden wir nicht was er von uns wollte, sahen es aber einen kurzen Augenblick später. Im durch die Flut aufgebauschten Wasser tummelten sich zwischen den Felsen eine Handvoll Meeresschildkröten. Und auch die Ersten Seegrasverkäufer waren schon zur Stelle, um den geneigten Touri etwas Gras zu verkaufen, um die Schildkröten zu füttern. Das gleiche Seegras, was er einen Meter weiter aus dem Wasser geholt hat. Wir lehnten also danken ab und stürzten uns selbst in die Fluten. Die Strömung macht es einem wirklich schwer auf den Beinen zu bleiben, geschweige denn, sich kontrolliert den Schildkröten zu nähern. Doch plötzlich, als man gar nicht damit rechnete, stupste einem ein 1 Meter Schildkröte gegen das Bein. Und so schnell wie sie kam war sie auch wieder weg, ließ sich einfach von der Strömung treiben, um einen Moment später wieder aufzutauchen. Und tatsächlich: mit dem passenden Leckerli tauchte der sanftmütige Riese immer wieder neben uns auf. Ein wirklich toller Augenblick.





DCIM100GOPROGOPR7155.


5 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Abschied

Comments


bottom of page