Offroad durch Azuero
12 Februar 2017, Panama City
Nach ein paar schönen Tagen in Santa Catalina war uns nach Abwechslung zumute. Sowohl wir als auch Sarah und Emmi (das befreundete Pärchen) haben die Tage in Panama an den Touri-Hot-Spots verbracht und alle sehnten sich nach etwas mehr Abenteuer. Also schlossen wir uns ihrem Plan an, ein Auto zu mieten und auf der unberührten Halbinsel Azuero ein paar Tage mit Campen zu verbringen. Mit dem Bus ging es nach Santiago und von hier weiter zum Flughafen. Da das Internet in Santa Catalina unter aller Kanone war, haben wir es nicht geschafft im Internet ein Auto zu reservieren. Die beste Adresse, um ein Auto zu mieten, schien uns deshalb der Flughafen. Kurze Zeit später saßen wir im Taxi. Schon 5 Minuten später bog der Fahrer von der Hauptstraße ab, fuhr durch ein Tor im Zaun und stand vor einem kleinen Gebäude neben einer kleinen Startbahn samt Flugzeug. Unser Gesichtsausdruck bei diesem Anblick muss wirklich göttlich gewesen, denn der Taxifahrer schaute uns an und fing sofort an zu lachen. Irgendwie hatten wir mit einem „richtigen“ Flughafen gerechnet. Wir erklärten unserem Fahrer unser wahres Ziel und kurze Zeit später saßen wir in einem nagelneuen SUV zum Preis eines Kleinwagens, der Hartnäckigkeit und Ausdauer beim Verhandeln sei Dank.
Der Plan war es, die ursprüngliche und vom Tourismus noch weitestgehend verschonte Halbinsel Azuero an der zentralen Pazifikküste Panamas zu erkunden. Wir brachen auf Richtung Südwesten, deckten uns mit Lebensmitteln und Campingutensilien ein und wurden schneller von der Dunkelheit überrascht, als uns lieb war. Da es so gut wie keine Campingplätze gibt und wir uns Kosten für Hostels und Co. sparen wollten, begaben wir uns auf die Suche nach einem abgelegenen Strand, an dem wir die Nacht verbringen konnten. Wir fuhren immer weiter in die Dunkelheit ohne fündig zu werden. Schließlich fuhren wir an einer Gruppe Amerikaner vorbei, die an einem Mangrovenabschnitt angelten und fragten um Rat. Sie führten uns zu einer kleinen Wiese, auf der wir unter einem Baum unser Nachtlager aufschlugen. Zwar kein Strand aber immerhin ein Örtchen zum Bleiben. Über einem kleinen Feuer kochten wir Wasser und gingen nach einer Nudelsuppe ins Bett.
Am nächsten Morgen fuhren wir weiter Richtung Süden. Dörfer und Städte wurden immer kleiner und schließlich wurde die Teerstraße zur Schotterpiste. Nach ein paar Fehlschlägen fanden wir schließlich ein Örtchen zum Verweilen. Noch hinter dem Örtchen Cambutal, wo die „Straße“ langsam endet und sich der Hoya Nationalpark an der Südküste Panamas erstreckt, haben wir einen Strand ganz für uns alleine gefunden. Bäume und Palmen spendeten Schatten für die heißen Stunden des Tages, ein Fluss zu unserer rechten sorgte für den ein oder anderen Vorteil bei der Körperhygiene und ein Strand voller Treibholz lieferte genug Brennholz und Material zum kreativ werden. Kurzum: Der Strand war nicht der schönste aber perfekt. Wir richteten uns häuslich ein, bauten Kochstellen, Bänke und Regale und fühlten uns pudelwohl. Dennoch siegte nach einer Nacht die Abenteuerlust und es ging weiter zum Nationalpark, jedoch nicht ohne uns vorher in unserer kleinen Wohnung zu verewigen.
Da der Nationalpark von Osten her nicht zugänglich ist, mussten wir ihn weitläufig umfahren und von Westen her erreichen. Google fand eine Strecke, die auf unser Karte zwar nicht eingezeichnet war, uns aber einen großen Umweg ersparte. So brachen wir auf und fuhren von der Küste in die Berge. Immer weiter und weiter, auf und ab, durch Schlaglöcher und Wasserpfützen, über Stock und Stein, bis schließlich nichts mehr da war, was man Straße nennen könnte. Aber es ging voran. Auf einem Bergkamm schließlich, konnten wir die Sonne über dem Meer untergehen sehen, bis er plötzlich vor uns stand: der Endgegner. Gefühlte 90° Steigung über zwei Kurven hinweg, aus Geröll und Sand bestehend zwang er uns in die Knie und ehe wir uns versahen war es Dunkel und wir steckten fest auf diesem Monstrum von Berg. Wir sind auf dieser Strecke durch Abschnitte gefahren, für die unser Auto nicht gebaut wurde. Wasserlöcher und Berge, alles haben wir mit viel Fingerspitzengefühl und immer wieder aussteigen und Nachschauen gemeistert und dennoch wussten wir, dass wir nicht mehr umdrehen konnten. Vorwärts ging jedoch auch nicht. So standen wir im Dunkeln auf unserem Berg, fingen an Geröll beiseite zu rollen und liefen immer wieder den Berg nach der besten Route für das Auto ab, ohne uns selbst richtig auf den Beinen halten zu können. Aber wir probierten es. Immer und immer wieder jagten wir das Auto den Berg hinauf, um immer und immer wieder stecken zu bleiben. Immer größer wurde der Anlaufweg und immer lauter die Geräusche, die umherfliegende Steine unter dem Auto verursachten, um am Ende doch jedesmal kurz vorm Scheitelpunkt zu scheitern. Als sich schließlich die Staubwolke lichtete, sahen wir Taschenlampen in der Dunkelheit. Eine Familie kam des Weges gelaufen und wir fragten, ja bettelten förmlich um Hilfe. Mit vereinten Kräften schoben wir das Auto Meter für Meter den Berg hinauf und haben es nach knapp zwei Stunden schließlich geschafft. Wir waren frei. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen dachten wir und täuschten uns abermals. Google ließ uns falsch abbiegen, wir fuhren einen Berg hinunter und stoppten auf halben Weg, da wir hinter der Kurve nichts als Schwarz sahen. Sarah stieg aus, um die Strecke zu inspizieren, kam zurück und sagte: Sie sei noch nie so enttäuscht gewesen Wasser zu sehen. Kein Durchkommen. Also wieder zurück, wieder bergauf und da es keine Möglichkeit zum Wenden gab, diesmal rückwärts. Doch auch diese Hürde meisterten wir schließlich irgendwie und am Ende berührten unsere Reifen wieder Asphalt. Schönen, festen Asphalt.
Witziger weise lief uns genau auf dieser Asphaltstraße ein Schild über den Weg (Titelbild), was uns vor einem riesigen Berg warnte, sich jedoch als winzige Erhebung entpuppte. Hätten die das Schild mal an der richtigen Stelle aufgestellt.
Schließlich fanden wir einen einsamen Strand, an dem wir unser Lager aufschlagen konnten und ließen den Tag bei Bier und Lagerfeuer ausklingen.
Da wir den Nationalpark nicht erreichen konnten und hilflos auf der Suche nach einem neuen Ziel umherfuhren, machte uns langsam die Spritanzeige sorgen. Da wir weit und breit keine Tankstelle gesehen haben, suchten wir uns in einem kleinen Dorf Hilfe. Drei Bauarbeiter fuhren mit uns zu einem kleinen Haus, vor dem ein süßer Opa in seinem Schaukelstuhl saß. Der nette Opa verkauft Sprit für den doppelten Preis, da es im Westen Azueros eher wenige Tankstellen gibt. Wir nahmen dankend an und bestellten zwei Gallonen, die wir durch eine abgeschnittene Cola Flasche in unseren Tank füllten. Während die zweite Gallone durch den Tankstutzen ging, machte sich unter dem Auto eine große Pfütze breit. Mit bleichen Gesichtern knieten wir auf der Straße und blickten unters Auto. Gewundert hätte es uns ja nicht, wenn beim Bergsteigen etwas am Auto Schaden genommen hätte. Dennoch war der Schreck groß. Die netten Bauarbeiter eilten zu Hilfe und beruhigten uns. Lediglich das übergelaufene Benzin, dass durch die Verkleidung fließt. Glück gehabt. Wir fuhren weiter, machten bei einer Rodeo Veranstaltung mit vielen Cowboys Rast und verwarfen schließlich den Nationalpark und brachen auf zum Strand. Auf halben Weg erkundigte sich Adina, ob wir noch auf dem richtigen Weg seien und kam kopfschüttelnd zurück. Sie habe nichts verstanden, die Frau habe irgendwas von Schlüsseln zum Strand gesagt, aber das kann ja wohl kaum richtig sein. Wir fuhren weiter und kommen schließlich an einem verschlossenen Tor zum Stehen. Dahinter stand ein Auto samt Familie. Adina erkundigte sich erneut und musste fast lachen. Die Familie fuhr durch ein offenes Tor zum Strand, nun ist es zu. Ob wir jemanden kennen der den Schlüssel haben könnte.
Wir mussten schmunzeln und bedankten uns insgeheim, dass das Tor vor uns abgeschlossen wurde, da wir bei unserem Glück sicherlich sonst auch dahintergestanden hätten. So gingen wir zum Strand und machten uns schließlich viel zu spät auf in Richtung Norden um eine Tankstelle zu finden.
25 km bevor der Tank leer wäre, bekamen wir die Info, dass 5 km entfernt eine Tankstelle sei, aber erst am nächsten Tag wieder aufmache. Wir entschieden uns zu warten und fragten nach einem Platz am Strand für die Nacht und wurden prompt hingeführt. Wieder kamen wir im Dunkeln an und machten ein letztes Mal ein Feuer, um darüber zu kochen.
Das Schöne daran im Dunkeln anzukommen: Man wird jeden Morgen mit einem neuen Strandpanorama überrascht.
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